Die Tradition der Rotunde im Wiener Prater

Postkarte der alten Wiener Rotunde, ca. 1910

 

1801 eröffnete der Ire Robert Barker, der 1788 mit dem weltweit ersten Rundbild auch die Panoramamalerei begründete, die erste Panorama-Rotunde auf dem europäischen Kontinent im Wiener Prater. Rotunden waren runde Gebäude, in deren Innerem Spektakel für die Massen geboten wurden. Der damals größte Kuppelbau der Welt war die legendäre Weltausstellungs-Rotunde von 1873, die als Mittelpunkt des wichtigsten Gebäudes, des Industriepalastes, fungierte und die BesucherInnen mit ihren Dimensionen in Staunen versetzte: In dem 84 Meter hohen Kuppelbau aus Holz und Stahl mit einem Durchmesser von 108 Metern und einer Fläche von rund 8.000 Quadratmetern hätten sowohl die St. Paul’s Cathedral als auch der Petersdom Platz gefunden.

 

 

Erste Pläne lieferte der schottische Schiffbauingenieur John Scott Russell, mit veränderten Entwürfen wurde das Projekt unter der Leitung des Architekten Carl von Hasenauer und in Kooperation mit Johann Caspar Harkort V., Mitglied der Duisburger Stahl-Dynastie Harkort, realisiert. Im Inneren gab es eine Aussichtsgalerie und eine mit Steinen besetzte, vier Meter hohe Nachbildung der Kaiserkrone. Vier Hallen verbanden den Bau und die Galerien. Das Hauptportal war als Triumphbogen ausgeführt, verziert mit Halbsäulen und Figuren. „Viribus Unitis“ – „mit vereinten Kräften“ – der Wahlspruch von Kaiser Franz Joseph prangte unter dem Giebel. Die Erde, die bei dem Bau der Rotunde ausgehoben wird, bildet bis heute den Konstantinhügel an der Hauptallee. Dieser wurde nach Obersthofmeister Fürst Konstantin von Hohenlohe-Schillingsfürst benannt.

 

Obwohl die pompöse Rotunde im Prater ursprünglich nur für diese Veranstaltung vorgesehen war, ließ das durchwachsene Ende der Weltausstellung nicht genügend Geld für den Abriss übrig, weswegen sie mehr als 60 Jahre lang weiterhin als Mehrzweck-Eventlocation genutzt wurde: 1883 etwa für die Elektrische Ausstellung, 1892 für die Internationale Musik- und Theaterausstellung oder 1898 für die Kaiserjubiläumsgewerbeausstellung. Weitere Event-Höhepunkte waren zudem der Auftritt des Seiltänzers Blondin, des „Helden des Niagara“ (1879), die Premiere des berühmt gewordenen „Fiakerlieds“ von Gustav Pick, gesungen von Alexander Girardi (1885) oder das grandiose Frühlingsfest der Fürstin Pauline Metternich zugunsten der Rettungsgesellschaft (1887). Ein absolutes Highlight war auch der Zwischenstopp des berühmtesten Zirkus der Welt, Barnum & Bailey, der die Rotunde 1900 beehrte.

 

Zum Wahrzeichen wurde die von den WienerInnen „Guglhupf“ genannte Rotunde allerdings erst nach der Katastrophe vom 17. September 1937, als die teilweise verkleidete Stahlkonstruktion bis auf die Grundmauern niederbrannte – speziell die Innenverkleidung aus Holz und Gips sowie die Tapezierung aus bedruckter Jute erwiesen sich dabei als willkommenes Futter für die Flammen. Die Weltausstellungs-Rotunde ist auch heute noch in Wien präsent: So erinnern etwa die Rotundenbrücke, die Rotundenallee, der Rotundenplatz oder die Haltestelle „Rotunde“ der Liliputbahn an den legendären Prachtbau. Und auch wir lassen mit unserem PANORAMA VIENNA die Tradition der Rotunde im Wiener Prater wiederaufleben – als modern interpretiertes, visuelles und emotionales Spektakel für das 21. Jahrhundert.

 

Ein schwarz weiß Foto der alten Wiener Rotunde

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